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Schill - Offiziere - Freikorps

Friedhelm Pürzer schrieb in der Festschrift "175 Jahre Schützenverein Wesel Fusternberg" den vorliegenden Beitrag.

Ferdinand Baptista von Schill wurde am 6. Januar 1776 in Wilmsdorf bei Dresden geboren. Er war ein preußischer Offizier, der als Freikorpsführer in den Kriegen 1806/07 und 1809 bekannt wurde.

1806 zog Schill in den Krieg und wurde in der Schlacht bei Auerstedt durch einen Säbelhieb auf den Kopf schwer verwundet. Als Secondelieutnant vom königlichen Dragonerregiment rettete sich von Schill, wie viele andere Soldaten nach der Schlacht bei Auerstedt, nach Kolberg. Der Kolberger Senator Westphal bot von Schill in seinem Haus Schutz und Pflege. Als sich sein Gesundheitszustand gebessert hatte meldete er dem Kommandanten Lucadou seine Kampfbereitschaft. Nachdem er in dem Dorf Neu Massow die dort stationierten französischen Truppen überfiel und Offiziere und Kavalleristen in Haft nahm, unternahm er weitere Expeditionen in die weitere Umgebung der Stadt, von der er Nahrungsmittel, Geldmittel und weitere Häftlinge mitbrachte.

Die Nachricht über seine Erfolge führten dazu, dass König Friedrich Wilhelm III. von Schill beauftragte, ein Freikorps zu gründen und beförderte ihn zum Rittmeister. Kolberg war eine der wenigen Festungen, die bis Ende des Krieges in preußischen Händen verbleiben konnte. Dafür sind die Verdienste von Schills und seiner Soldaten von größter Bedeutung. Der preußische König würdigte die Verdienst von Schill, indem er ihn zum Major beförderte und ihm den Orden „Pour le merite“ verlieh. Im September 1807 wurde Schill zum Inhaber des aus seiner Reiterei gebildeten 2. Brandenburgischen Husarenregiment ernannt. Nachdem die französischen Truppen Berlin am 3. Dezember 1808 geräumt hatten, um in den Krieg nach Spanien zu gehen, zog von Schill mit seinem Verband dort eine Woche später in triumphaler Weise ein.

Der jubelnde Beifall der Bevölkerung und wohl eine gewisse Portion Selbstüberschätzung hoben den Husarenoffizier von Schill über sich selbst hinaus und verleiteten ihn zu unüberlegten Handlungen. Am 28. April 1809 verließ von Schill – wie zu einem Manöver – mit seinem Regiment Berlin. Mit seinen Worten jenseits des Halleschen Tores überschritt von Schill an diesem Tag die entscheidende Grenze. Von nun an war er kein im königlichen Auftrag handelnder Offizier mehr, sondern Krieger auf eigene Faust. Je nach Gesichtspunkt, und deren gab es viele, war er von nun an ein Deserteur und seine Soldaten eine Räuberbande. Oder aber er war einer der Aufrechten, die für ihren König und für ihr Vaterland zu kämpfen bereit waren gegen Napoleon und für die Freiheit. Sein Weg führte ihn über Dessau, das er am 2. Mai besetzte und lieferte sich bei Dodendorf unweit von Magdeburg ein verlustreiches Gefecht zu beiden Seiten. Am 25. Mai traf aus Damgarten das schillsche Korps gegen zehn Uhr in Stralsund ein. Es zog durch das Tribseer Tor in die Stadt ein. Er hoffte in der Festungsstadt Stralsund auf ein Fanal für die Befreiung von der französischen Fremdherrschaft. Mit Hilfe des Offiziers Friedrich Gustav von Peterson, der in schwedischen Diensten stand, gelang es Schills Truppen, die französische Besetzung der Stadt zu vertreiben. Am 31. Mai 1809 griffen die Franzosen die Stadt am Triebseer Tor an, was aber ein Ablenkungsmanöver war. Der Hauptangriff konzentrierte sich auf das Knieper Tor wo sie schnell in die Stadt eindringen konnten. Gegen die Übermacht wehrten sich die Schillschen Truppen verzweifelt. Von Schill wurde nach einem Fluchtversuch beim Ritt durch die Fährstraße von einer Kugel tödlich getroffen. Am 1. Juni 1809 fand in der Stadt eine Siegesparade statt. Anschließend wurde der Kopf von Schills Leichnam abgetrennt und als Trophäe an den Bruder Napoleons, König Jerome geschickt. Bereits 1838 legten Stralsunder Bürger an von Schills Grab eine Eisentafel nieder mit der Inschrift:

„Großes gewollt zu haben ist groß. Er sank hin durch das Schicksal. Am Gestade liegt der mächtige Rumpf. Ward entrafft auch das Haupt, ist doch der Körper nicht namenlos.“

Bei den Kämpfen um Stralsund wurden auch die 11 Schillschen Offiziere zusammen mit 537 Soldaten gefangen genommen. Anfangs wurden sie in einer Kirche gefangen gehalten, doch nach kurzer Zeit wurden die 11 Offiziere in einem besonders bewachten Quartier gefangen gehalten. Danach wurden sie mit allen anderen Gefangenen nach Braunschweig gebracht, wo sie am 16.06.1809 eintrafen. In Braunschweig wurden die Offiziere ins Gefängnis am Augusttor inhaftiert und blieben dort bis Anfang Juli. Sie blieben so lange in Braunschweig bis Kaiser Napoleon I. durch seinen Statthalter in Westfalen, König Jerome, ein Urteil fällen sollte. Nach einem kurzen Aufenthalt wurden die Gefangenen Offiziere von Braunschweig nach Kassel und dann weiter nach Wesel gebracht, wo ihnen die Festung Wesel als Aufbewahrungsort zugewiesen wurde. Am 16.09.1809 wurde den Offizieren des Schillschen Freikorps der Prozess gemacht.

Alle 11 Offiziere wurden vom Gericht angeklagt zur Bande von Schill gehört zu haben. Das Verhör wurde durch den Präsidenten eröffnet und Ankläger Capitan Lawain, der als königlicher Anwalt auftrat, stellte seine Schlussfolgerungen. Der von den Offizieren gewählte Rechtsbeistand Advokat Jean Noel Perwetz aus Lüttich hielt eine bewegte Rede. So bewies er in einem scharfzüngigen Plädoyer, dass von Raub keine Rede sein könne, da sie als Offiziere nur auf Befehl ihres Vorgesetzten gehandelt hatten.

Hinrichtung der 11 Schillschen Offiziere am 16. September 1809 -
Noch stehend Albert von Wedell der bei der 1. Salve nicht tödlich getroffen wurde


Nach diesem Plädoyer stellte der Vorsitzende die Fragen „Die Genannten, angeklagt, zu von Schills Bande gehört zu haben – sind sie schuldig?“ Das einstimmige Urteil, das bereits zu Verhandlungsbeginn feststand, fiel einstimmig aus. Nach kurzer Beratung wurde das Todesurteil für die 11 Offiziere des Schillschen Freikorps gesprochen, das innerhalb von 24 Stunden zu vollstrecken sei. Den Offizieren wurde das Todesurteil verlesen. Anschließend hatten sie eine Stunde Zeit um Abschiedsbriefe zu schreiben und wurden dann durch die Stadt durch das Berliner Tor zur Hinrichtungsstätte an den Lippewiesen geführt, wo die Gräber bereits am Morgen ausgehoben worden waren. Da zu der Zeit ein Hochwasser den direkten Weg zur Hinrichtungsstätte behinderte, mussten sie über den Fusternberg dorthin geführt werden. Dort wurden sie von 66 französischen Grenadieren erwartet, die das Todesurteil vollstrecken sollten. Mit unverbundenen Augen und aufrecht standen die 11 Offiziere in einer Reihe und ließen den preußischen König Friedrich Wilhelm noch ein letztes Mal hochleben. Sie warfen ihre Mützen in die Luft und befahlen dann selbstständig das Kommando „Feuer“. 10 der 11 Männer fielen sofort zu Boden. Nur Albert von Wedell wurde an der Schulter verletzt. Er riss seine Weste auf, deutete auf sein Herz „Oh zielet“, ruft er „besser, hier sitzt das deutsche Herz!“ Danach wurde auch er tödlich getroffen und sank zu seinen toten Kameraden. Danach wurden die Offiziere entkleidet und in den vorbereiteten Gräbern verscharrt. Schon früh am Morgen des Hinrichtungstages wurden die Tore der Festung Wesel für die Bevölkerung geschlossen, um möglichst viel Publikum von der Erschießung fernzuhalten, da schon zur Zeit der Inhaftierung die Bevölkerung Wesels sich sehr um das Wohlergehen der 11 Offiziere gekümmert hatten.

Bereits im Jahre 1815 beabsichtigte die Weseler Loge am Hinrichtungsort ein Denkmal zu errichten, was jedoch von höchster Stelle abgelehnt wurde. Erst 1833 erhielten Major Karl Emil von Webern, ein Weseler Bataillonskommandeur, und Jacob Reinhard Pahlke, Rendant des Hauptsteueramtes, die Erlaubnis, für ein Denkmal zu sammeln. Die gesamte preußische Armee wurde zu Spenden aufgerufen und es kam in kurzer Zeit sehr viel Geld zusammen. Der Boden, auf dem das Denkmal stehen sollte, wurde käuflich erworben und ging in Staatseigentum über. Am 9. Juni 1834 wurden die drei Gräber geöffnet und die Gebeine geborgen. Sie wurden in die Zitadelle gebracht und in einen später verlöteten Bleisarg gelegt. Auf dem Grundstück errichtete man ein Grabgewölbe, in das am 16. September 1834 der Bleisarg gesenkt wurde. Karl Friedrich Schinkel entwarf das Denkmal und es wurde aus erbeuteten Kanonen aus dem Krieg gegen Napoleon in der königlichen Eisengießerei in Berlin gegossen. Die Vorderseite des Denkmals zeigt die trauernde Borussia auf der einen und die Viktoria auf der anderen Altarseite. Die Rückseite zeigt den preußischen Adler und die Inschrift „Sie starben als Preußen und Helden“ Am 31. März 1835 wurde das Denkmal sehr aufwendig in feierlicher Form eingeweiht. Schon 1852 wurden die Kasematten, im Haupttor der Zitadelle, in der die 11 Offiziere gefangen gehalten wurden, als weitere Gedenkstätte durch das Militär eingerichtet. In den darauffolgenden Jahren bis zur großen Schillfeier, zum 175. Todestag der 11 Schillschen Offiziere im Jahr 1959, wurden viele Gedenkfeiern veranstaltet. Warum verdient eine Beschäftigung mit Schill und seinen Offizieren noch heute ein breites Interesse? Der Freiheitsgedanke wie auch die nationale Selbstbehauptung sind nach wie vor aktuelle Themen, die im Kontext zu Schill stehen.
Noch heute ein gebräuchlicher Ausspruch von Schill:


„Besser ein Ende mit Schrecken,
als ein Schrecken ohne Ende“

 

Die 11 Schillschen Offiziere


Leutnant Johann Leopold Jahn
18.06.1778 - 16.09.1809

Leutnant Johann Christian Daniel Schmidt
16.01.1780 - 16.09.1809

Leutnant Johann Friedrich Wilhelm Galle
16.10.1780 - 16.09.1809

Leutnant Friedrich-Wilhelm von Trachenberg
12.09.1784 - 16.09.1809

Leutnant Adolf Theodor Leopold von Keller
13.09.1785 - 16.09.1809

Leutnant Friedrich Wilhelm Felgentreu
08.05.1786 - 16.09.1809

Leutnant Carl Lupold Magnus Wilhelm von Wedell
30.06.1786 - 16.09.1809

Leutnant Konstantin Johann Wilhelm Gabain
21.07.1786 - 16.09.1809

Leutnant Johann Friedrich Ludwig von Flemming
23.10.1790 - 16.09.1809

Albert von Wedell
16.01.1791 - 16.09.1809

Leutnant Karl Gustav von Keffenbrink
17.11.1791 - 16.09.1809