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16. Jahrhundert n. Chr.

Am 31. Oktober 1517 schlägt der Augustinermönch Martin Luther seine 95 Thesen an das Tor der Schlosskirche in Wittenberg. Die Reformation nimmt damit ihren Anfang. Sie wird die Kirche spalten und Europa für Jahrzehnte mit Kriegen überziehen. Die Weseler Bürgerschaft steht der neuen religiösen Ausrichtung wohlwollend gegenüber. Mit der Sakramentsausteilung unter beiderlei Gestalt, also mit Brot als Symbol für den Leib und Wein für das Blut Christi, bekennen sich die Weseler am ersten Ostertag 1540 zum neuen Glauben.

Willibrordidom, Innenansicht, Quelle : Dießenbacher Informationsmedien

Den Ehrennamen „Vesalia hospitalis“ verdient sich das lutherische Wesel durch die Aufnahme niederländischer calvinistischer Glaubensflüchtlinge und der ihnen gewährten Gastfreundschaft.

 

Prunkpokale,
Quelle: Stadtarchive Wesel

Zu dieser Zeit wächst die Bevölkerungszahl der Stadt um ein paar tausend Einwohner. Allerdings kehren viele Niederländer wieder zurück in ihre Heimat, als sich dort die politischen Verhältnisse wieder normalisieren. Geblieben sind zwei Ehrengeschenke, ein wallonischer und ein flämischer Prunkpokal mit eingraviertem Ehrennamen „Vesalia hospitalis“, was so viel wie „gastfreundliches Wesel“ bedeutet.

Ende des 16. Jahrhunderts erreichen dann die kriegerischen Auseinandersetzungen Wesel. Um 1585 beschließt der Stadtrat deshalb in den Wirren des 80-Jähri­gen Krieges, auch die Vorstädte Steinweg und Oberndorf zu befestigen.

Ein kluger Entschluss, denn die Spanier ließen nicht lang auf sich warten. Gräben, Wälle und Palisaden entstanden. Erste Bollwerke, neu­ester Stand der damaligen Wehrtechnik, ergänzten zudem die Stadtbefestigung von Altstadt und Mathena.

Der sogenannte Hammelmannplan 1585, Quelle: Stadtarchive Wesel

Der in dieser Zeit entstandene sogenannte Hammelmann­plan zeigt uns zumindest annähernd, wie Wesel zu jener Zeit ausgesehen haben könnte. Aber lange Bestand hatte es nicht. Die Vorstädte Steinweg und Oberndorf samt Kloster boten den anrückenden Spaniern gute Deckung und Möglichkeiten, sich zu verschanzen. Um freies Schussfeld zu haben, wurden nur ein paar Jahrzehnte später die beiden Vorstädte, das Kloster Oberndorf sowie Haus Wylack dem Erdboden gleich gemacht. Von nun an bestimmten militärische Anforderungen und besonders das „Freie Schussfeld“ die weitere Stadtentwicklung. Eine Ausdehnung der Stadt war damit kaum noch möglich. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft waren auf Jahrhunderte verheerend.

Wesel, von Marschall Spinola eingenommen, Quelle: Stadtarchiv Wesel