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Am 16. Oktober 1760 fand während des Siebenjährigen Krieges im Rahmen der Belagerung Wesels die Schlacht bei Kloster Kamp statt

Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) kämpften alle europäischen Großmächte der Zeit. Preußen war mit Großbritannien und – in Folge deren seit 1714 bestehenden Personalunion – auch mit dem Kurfürstentum Hannover (eigentlich Braunschweig-Lüneburg) alliiert. Dem gegenüber stand ein Bündnis aus der Habsburgischen Monarchie, Frankreich und Russland. Da die militärischen Auseinandersetzungen nicht nur auf Schlachtfeldern in Mitteleuropa, sondern u.a. auch in Nordamerika, der Karibik und Indien ausgefochten wurden, spricht man von einem ersten globalen Konflikt. Nach dem 1763 geschlossenen Frieden stieg Preußen zur fünften Großmacht in Europa auf, Frankreich verlor seine kontinentaleuropäische Vormachtstellung und Großbritannien wurde zum Weltreich.

Das militärische Engagement Preußens fokussierte sich im Kampf mit Österreich und Russland vor allem auf Schlachtfelder im Osten (Sachsen und Schlesien). Aber auch in Hessen und Westfalen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, die im Versuch Frankreichs wurzelten, Großbritannien an seiner Achillesferse – das Kurfürstentum Hannover – zu treffen. Preußen war in seinen Westprovinzen militärisch hingegen wenig aktiv.

In kaum einem anderen Krieg hatte die Festung Wesel eine so große Bedeutung wie im Siebenjährigen Krieg. Die geographische Lage der Stadt und auch die politischen Bündnisse machten es unmöglich, Wesel bei Kriegsausbruch zu verteidigen. Im zweiten Kriegsjahr – am 24. März 1757 – gab Friedrich II. die Festung Wesel daher auf, nachdem er zuvor das dortige Kriegsmaterial in Sicherheit bringen und die Außenwerke sprengen ließ. Vier Tage später verließ die 4.200 Mann starke Weseler Garnison die Stadt und marschierte gen Lippstadt, um die dortige Festung zu besetzen. So fielen Stadt und Festung kampflos an Franzosen und Österreicher, die am 6. April 1757 nach Wesel einzogen und erst 1763 – nach dem Frieden von Hubertusburg und einer für die Einwohner harten Besatzungszeit – wieder abzogen.

Wesel erlangte bald für die Franzosen militärisches Gewicht, da sie von hier aus nicht nur über einen gesicherten Rheinübergang verfügten, sondern auch über einen Knotenpunkt für den eigenen Nachschub. Das Problem der französischen Armee war der Mangel an kriegswichtigen Ressourcen wie vor allem Pferdefutter. So blieb der erhoffte erfolgreiche Vormarsch nach Osten trotz einiger Versuche aus.

Da es zwischen Rhein und Weser an festen Plätzen mangelte, konnte sich in der Folgezeit keine Partei der Länder zwischen diesen Flüssen dauerhaft bemächtigen. Es gelang den Alliierten aber, zwischen 1758 und 1760 Frankreich militärisch so sehr zu beschäftigen, dass spürbar weniger Ressourcen für die überseeischen Interessen verfügbar waren. Ziel der britischen Streitkräfte musste es daher sein, die Kämpfe in Kontinentaleuropa weiter ins Innere von Frankreich zu verlegen. Mit diesen Plänen waren König Friedrich II. und sein Schwager Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel – Generalfeldmarschall in preußischen und britischen Diensten – theoretisch einverstanden. Die praktische Umsetzung der Briten sah aber vor, die Festung Wesel als Auftakt und Grundbedingung einer Westoffensive einzunehmen. Friedrich II. hielt diesen Plan für undurchführbar.

Trotzdem entsandte Herzog Ferdinand seinen Neffen – den Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel – mit 21 Bataillonen und 18 Schwadronen hannoverscher, braunschweigischer und hessischer Truppen zur Belagerung Wesels. Am 30. September 1760 standen diese Einheiten vor der Stadt. Der für den Erfolg der Operation entscheidende Überraschungseffekt scheiterte jedoch. Die Überrumpelung von der linken Rheinseite gelang nicht, da die französischen Besatzer Wesels rechtzeitig die schon im 18. Jahrhundert errichtete feste Schiffbrücke zerstörten. Die alliierten Truppen mussten daher eine regelrechte Belagerung eröffnen. So drangen in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober stärkere Infanterieabteilungen bis auf die Umwallungen des Klever Tores vor; gleichzeitig ging eine Kavallerieeinheit mit sechzig Mann auf einer Linie zwischen Brüner und Berliner Tor vor. Dieser Truppenteil drang zwar bis in das Glacis vor und konnte sich dort wenige Stunden halten, insgesamt scheiterte der Angriff jedoch. Auch die zweite Angriffswelle in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober misslang wegen mangelnder Artillerieunterstützung und stockendem Nachschub. Schweres Artilleriefeuer aus der Festung erschwerte die Angriffe zusätzlich und zerstörte u.a. mit dem Siechenhaus (an der Kreuzung zwischen Reeser und Hamminkelner Landstraße gelegen) aus dem 15. Jahrhundert eines der ältesten Weseler Gebäude. Am 11. Oktober kam es zu einem Ausfall der Belagerten aus dem Klever Tor, um einige Häuser zu zerstörten, die den Belagerern ansonsten als Deckung hätten dienen können.

Insgesamt setzten heftige Wetterkapriolen beiden Kriegsparteien zu. Der Erbprinz von Braunschweig ließ am 9. Oktober erfolgreich eine Brücke über die Lippe errichten. Die am 10. Oktober fertiggestellte provisorische Rheinbrücke wurde jedoch schon vor der ersten Nutzung durch Sturm und Hochwasser irreparabel zerstört. Nur drei Tage später gelang es den alliierten Truppen aber, bei Flüren und bei Perrich über den Rhein zu setzen, um so den französischen Streitkräften unter dem Kommando vom Marquis de Castries, die zur Entlastung der Garnison aus dem Raum um Köln nach Wesel marschierte, entgegenzutreten. Zur Unterstützung der alliierten Einheiten kamen noch weitere hessische, englische und schottische Truppen unter General Waldegrave, die in Kähnen bei Spellen den Rhein querten.

In der Nacht auf den 15. Oktober eröffneten die alliierten Truppen bei Kloster Kamp das Gefecht, der französische Kommandant befahl noch im Morgengrauen des 16. Oktobers eine große Konteroffensive. So gelang es nicht, die um zwölf Bataillone überlegenen Truppen von General Castries entscheidend zu schlagen. Ganz im Gegenteil konnte der Erbprinz, dessen Rheinbrücke bei Perrich durch Hochwasserschäden unpassierbar wurde, sich am 18. Oktober 1760 nur über eine neue Rheinbrücke retten, da Castries nicht konsequent nachsetzen ließ. Die fast zwölf Stunden währenden Kämpfe bei Kloster Kamp, der über dreitausend französische und gut 1.600 alliierte Soldaten zum Opfer fielen, endete somit mit einem französischen Sieg.

Am 19. Oktober gaben die alliierten Truppen die Belagerung Wesels auf und zogen sich auf ein Gebiet zwischen Brünen, Drevenack und Schermbeck zurück. Da man nach dem Gefecht bei Kloster Kamp und nach der erfolglosen Belagerung Wesels erkannt hatte, dass eine Rheinüberquerung ohne Rückeroberung der Festung Wesel taktisch und strategisch aussichtslos sein musste, blieben neuerliche Versuche aus, Frankreich nach Westen zurückzudrängen. Der englisch-französische Waffenstillstand vom 3. November 1762 beendete dann – zumindest auf diesem Kriegsschauplatz – die Kampfhandlungen.

Das erste Opfer der Schlacht bei Kloster Kamp war im Übrigen der französische Captain Nicolas-Louis d'Assas, der in der Nacht vor der Schlacht ein Waldstück erkundete und dabei von feindlichen englischen Soldaten mit Bajonetten erstochen wurde. Der italienische Schlachtenmaler Francesco Casanova – ein Bruder des berüchtigten Giacomo Casanova – hielt diese Szene künstlerisch für die Nachwelt fest.

(Autor: Dr. Heiko Suhr)

Abbildung: Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (1735–1806) (StAW K5, Nr. 87)