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Am 22. März 1979 schließt die Gießerei der Wesmag ihre Pforten

Das älteste Weseler Industrieunternehmen war die Weseler Maschinen GmbH. Die Firma, eine Eisengießerei und Maschinenfabrik, wurde 1901 von den beiden Inhabern des Weseler Bankhauses Poppe & Schmölder, Alfred Rigaud und dessen Schwiegersohn Oswin Grolig, dem Kaufmann Otto Krieg sowie dem Ingenieur Amandus Dieckmann gegründet. Das Betriebsgelände wurde an der Brüner Landstraße, unweit von Kriegs Drahtfabrik Krieg & Tigler, errichtet. Mit der Produktion wurde am 1. September 1901 begonnen. Hergestellt wurden Riemen- und Seilscheiben, Schwungräder, Gurttrommeln und Stufenscheiben, später auch komplette Keilriemenantriebe. In den ersten Jahren hatte die Firma in Konkurrenz zum Ruhrgebiet erhebliche Schwierigkeiten, Facharbeiter wie Former und Gießer anzuwerben und an sich zu binden. Diese Anfangsschwierigkeiten konnten durch den Bau von Werkswohnungen sowie die von der Firmenleitung begrüßte Gründung des Weseler Bauvereins im Jahre 1908 überwunden werden. Die Firma entwickelte sich dann zu einem gefragten Produzenten von Graugussstücken, die im In- und Ausland Abnehmer fanden. Das Unternehmen, das seit 1921 als Wesmag firmierte, wandelte sich durch das Ausscheiden von Otto Krieg im Jahre 1910 und die Ermordung von Amandus Dieckmann im Dezember 1918 zu einem reinen Familienunternehmen.

Die Firma überstand unbeschadet die schwierige Zwischenkriegszeit und produzierte bis zum 3. Januar 1945. Durch einen Luftminentreffer, bei dem zwei Arbeiter den Tod fanden und zahlreiche verletzt wurden, kam die Produktion zum Erliegen. Dank des Einsatzes der Facharbeiter konnte die Firma trotz Kriegsschäden, Plünderung und Teildemontage schon im November 1947 wieder gießen. Schon 1951 zählte die Wesmag wieder 76 Mitarbeiter. Zu besten Zeiten arbeiteten hier bis zu 160 Beschäftigte.

Die Wesmag wurde am 28. Dezember 1960 an den Bocholter Getriebe- und Antriebshersteller A. Friedrich Flender & Co. verkauft, weil die Inhaber ohne leibliche Erben waren.

Das Ende der Graugießerei in Wesel zeichnete sich 1976 ab. Flender baute in Bocholt eine moderne, vollautomatische Gießerei, die die Wesmag-Gießerei im wahrsten Sinne des Wortes „alt“ aussehen ließ. Am 23. März 1979 war es dann soweit: Um 13.45 Uhr wurde der letzte Guss in Formen gegossen. Die Anwesenden, darunter alle verbliebenen 48 Mitarbeiter, erhielten nach alter Tradition eine gusseiserne Plakette, die an den denkwürdigen letzten Tag der Gießerei erinnern soll. Alle Mitarbeiter arbeiteten fortan im modernen Werk in Bocholt. Ältere Mitarbeiter waren allerdings schon im Vorfeld in den vorgezogenen Ruhestand gegangen, weil klar war, dass für die moderne Anlage weniger Personal benötigt wurde. In Wesel verblieb nach der Schließung der Gießerei nur noch die Dreherei, die mechanische Fertigung, die durch die Auslagerung der Fertigung von Getriebegehäusen nach Wesel weiter ausgebaut wurde.

Die alte, leere Gießerei wurde erst 2007, weil die Gefahr eines Einsturzes bestand, abgebrochen. Die damals noch vorhandenen 130 Arbeitsplätze wurden bis 2010 in Wesel abgebaut und nach Bocholt bzw. Friedrichsfeld verlegt. Das alte Werksgelände an der Brüner Landstraße/Werner-von-Siemens-Straße wurde verkauft und wird nach wie vor gewerblich genutzt.

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)

Abbildung: Werkstor im Jubiläumsjahr 1951 (StAW O1a 6-23-5_02.jpg)